Auf dem Gelände der Ehrenbürgstraße 9 sind acht Baracken eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers erhalten, in dem während der NS-Herrschaft ca. 1.000 „Fremdarbeiter“ verschiedener Nationalitäten untergebracht waren, die vorrangig für das nahe gelegene Reichsausbesserungswerk (RAW) arbeiteten. Es handelt sich um das einzige noch erhaltene Lagerensemble dieser Art in Süddeutschland und steht unter Denkmalschutz.
Heute zeichnet sich das Gelände durch eine besondere, seit Jahrzehnten gewachsene soziokulturelle Vielfalt aus. Die verbliebenen Baracken werden von Künstler*innen, Handwerker*innen, einer privat betriebenen Kindertagesstätte und von der Kinder- und Jugendfarm genutzt. Viele der derzeitigen Nutzer haben einen wichtigen Teil zum Erhalt des Geländes beigetragen. Das Areal befindet sich im Eigentum der LH München.
Im Spannungsfeld zwischen historischer Bedeutung und gegenwärtiger Nutzung soll der Ort zu einem kommunikativen Raum des Erinnerns, der Beschäftigung mit der Vergangenheit, der Begegnung und des Entwerfens von Zukunftsvisionen werden. Den vorhandenen Künstler*innen, Kunsthandwerker*innen und der Kinder- und Jugendfarm soll der Wiedereinzug in die Gebäude nach der Sanierung ermöglicht werden. Zusätzlich soll auf dem Gelände als Umnutzung von zwei Baracken eine künftige Zweigstelle des NS-Dokumentationszentrums entstehen. Der Ort ist neben seiner Funktion als öffentlicher Freiraum für das umliegende Quartier und die Nutzer*innen als Ausstellungsort und zugleich als Ausstellungsobjekt zu verstehen. Die Funktionen Erinnerung und Arbeiten auf dem Gelände sowie nachbarschaftliche Begegnung stehen nicht unverbunden nebeneinander, sondern sind Teil eines Ganzen und stärken sich wechselseitig. Im Sinne eines schonenden und nachhaltigen Umgangs mit den verfügbaren Flächen wird ein großer Wert auf die multifunktionale Nutzbarkeit der Flächen gelegt.
Die Abbildung zeigt eine Perspektive der Planung von der Wiesentfelser Straße aus. Quelle: SPP Architekten+Ingenieure.
Nach der bereits erfolgten Umsetzung erster baulicher Sicherungsmaßnahmen wird das Gelände in den nächsten Jahren umfassend denkmal- und naturschutzgerecht saniert. Das planerische Gesamtkonzept wurde Ende 2021 im Rahmen eines Planungswettbewerbs ermittelt. Die Sanierung erfolgt in zwei Bauabschnitten. Der erste Bauabschnitt beinhaltet die Eröffnung der neuen Dependance des NS Dokumentationszentrums. Der zweite Bauabschnitt umfasst Interimslösungen für die von der Sanierung betroffenen Ateliernutzungen.
In das Projekt fließen mehrere Förderquellen. Hauptfördergeber ist das Bund-Länderprogramm Sozialer Zusammenhalt. Die energetische Sanierung der Gebäude wird aus der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude bezuschusst. Die Dependance des NS Dokumentationszentrums erhält einen Zuschuss aus dem Bundesprogramms Nationale Projekte des Städtebaus.
Foto: Das Foto zeigt einen Teil der während der Baumaßnahme eingehausten Baracken.